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Predigt Epheser 3,14–21 – 01.06.2025 (Exaudi)

„Gestärkt im Herzen – verbunden durch die Liebe Christi“

1. Hinsehen – Hinhören – Hinknien

Liebe Gemeinde,

wir sehen heute in einen Brief. Geschrieben von Paulus. Kein Liebesbrief – aber voller Liebe. Kein politisches Manifest – aber mit Sprengkraft. Paulus sitzt in Gefangenschaft. Keine Freiheit, kein Licht, keine Gemeinde um ihn herum. Und trotzdem kniet er nieder. Nicht vor seinen Ketten. Nicht vor den römischen Soldaten. Sondern vor dem lebendigen Gott.

Ein Mann, der betet. Für andere. Für die Gemeinde in Ephesus. Für Menschen, die er lieb hat. Für Junge. Für Alte. Für Zweifler. Für Starke. Für Schwache.

Und damit, liebe Gemeinde, ist dieser Text plötzlich ganz nah bei uns. Denn auch wir brauchen dieses Gebet heute – vielleicht mehr denn je.

2. Generationen gemeinsam – eine Wurzel, viele Äste

Manchmal ist es gar nicht so einfach, als verschiedene Generationen in einer Gemeinde zusammenzukommen. Die einen kennen noch Sonntage ohne Supermärkte, ohne Internet, mit klaren Ritualen – Kirchgänge, Tischgebet, Abendandacht. Die anderen wachsen auf mit Smartphones, Algorithmen und TikTok. Doch auch heute gilt: Wir gehören zusammen.

Stellen Sie sich eine alte Eiche vor. Ihr Stamm ist fest. Die Jahresringe erzählen Geschichten. Vom Sturm. Vom Dürresommer. Vom blühenden Frühling. Und dann – daneben – ein junger Trieb. Noch biegsam. Noch fragend. Noch wachsend. Beide stehen auf demselben Boden. Und dieser Boden ist Christus.

So beschreibt Paulus die Gemeinde. Verwurzelt. Gestärkt. Durch Gottes Geist. Nicht aus eigener Kraft. Sondern im Vertrauen, dass Gott in uns wirkt – innerlich. Tief. Stark.

3. Die innerliche Kraft – eine Hoffnung für alle

„Er gebe euch Kraft durch seinen Geist am inneren Menschen“ (V.16), schreibt Paulus.

Was ist das, diese innere Kraft?

Sie ist mehr als Motivation. Sie ist mehr als „du schaffst das schon“. Diese Kraft ist Gottes Geschenk. Eine Stärkung, wenn der Lebensmut nachlässt. Wenn das Herz schwer wird. Oder – bei Jugendlichen – wenn alles zu viel ist: Schule, Entscheidungen, Zukunftsangst.

Die innerliche Kraft ist wie ein Herzanker. Sie macht uns nicht unangreifbar. Aber sie gibt uns Tiefe. Festigkeit. Verwurzelung. Oder wie Martin Luther schrieb: „Ein Christenmensch ist frei und untertan zugleich.“ – Stark durch den Glauben und demütig im Dienst.

4. Christus wohne in euren Herzen – was heißt das?

Nicht im Kopf. Nicht im Kalender. Nicht im Kirchenraum. Sondern in unseren Herzen.

Da will Christus wohnen. Da, wo die Erinnerungen wohnen – an verpasste Chancen, verlorene Menschen, gescheiterte Versuche. Da, wo Sehnsucht nach Geborgenheit lebt. Dort sagt Gott: Ich will bei dir bleiben.

Manchmal ist dieser Glaube leise. Ein geflüstertes Vaterunser. Ein Gedanke an ein Bibelwort in der Dunkelheit. Ein stiller Dank, wenn das Herz plötzlich ruhig wird. Aber dieser leise Glaube ist stark. Er wächst. Und er verändert uns – Generationenübergreifend.

5. Die Breite, Länge, Höhe und Tiefe der Liebe Christi

Paulus spricht in vier Dimensionen: Breite, Länge, Höhe, Tiefe. Das klingt fast wie eine mathematische Formel – ist aber ein poetisches Bild.

- Die Breite – die Liebe Gottes ist offen für alle. Für Zweifelnde. Für Fromme. Für Suchende.

- Die Länge – sie reicht durch das ganze Leben. Vom ersten Atemzug bis zum letzten.

- Die Höhe – sie richtet auf. Gibt Würde. Gibt Hoffnung.

- Die Tiefe – sie geht hinein in Trauer, Schuld, Einsamkeit. In die dunkelsten Winkel des Lebens.

Diese Liebe, sagt Paulus, übersteigt unser Begreifen. Und trotzdem sollen wir sie ergreifen. Wie ein Kind, das sich an eine Hand klammert, das es liebt. Wie ein Konfirmand, der zum ersten Mal begreift: Gott meint mich.

6. Alltag und digitale Gegenwart – Glaube im 21. Jahrhundert

Liebe Gemeinde,

Glaube ist nicht zeitlos im Sinne von: ewig gleich. Er ist lebendig. Er geht mit. In den Alltag. In unsere Zeit. Heute bedeutet Glaube auch: sich in einer digitalen Welt zu orientieren. Viele Ältere lernen mit Mühe, was Konfis mit Leichtigkeit bedienen. Aber: Auch der Glaube kann sich digital ausdrücken – durch eine Online-Andacht, ein Gebet per App, eine Bibellese per Smartphone.

Doch die Technik ist nicht das Zentrum. Sie ist ein Werkzeug. Das Zentrum bleibt das Herz. Dort wirkt der Geist. Dort wohnt Christus – ob man das Evangelium nun auf Pergament oder am Bildschirm liest.

7. Die Fülle Gottes – mehr als wir uns wünschen können

„Gott kann viel mehr tun, als wir bitten oder verstehen“, heißt es im letzten Vers dieses Abschnitts.

Was für ein Satz. Ein Trost für alle, die das Gefühl haben, dass ihre Gebete nicht gehört werden. Ein Hoffnungsschimmer für alle, die ratlos auf die Zukunft schauen – der Kirche, der Gesellschaft, ihrer Familie.

Gott ist größer. Seine Liebe ist weiter. Seine Möglichkeiten sind mehr. Bonhoeffer sagte im Angesicht des Todes: „Von guten Mächten wunderbar geborgen.“ Dieser Satz ist nicht naiv. Er ist getragen von diesem Glauben, den Paulus beschreibt: Gott ist mit uns. In uns. Und über uns hinaus.

8. Ein gemeinsames Bild – das Herz der Gemeinde

Stellt euch vor, unsere Gemeinde sei ein großes Herz. Jede und jeder hier – eine Kammer, eine Ader, ein Impulsgeber. Die Älteren bringen das ruhige Schlagen, das Erfahrungswissen, die Beharrlichkeit. Die Jüngeren bringen das Sprudeln, das Neue, den Mut. Und Christus ist die Mitte. Der Taktgeber. Die Kraftquelle.

Wenn wir das ernst nehmen, dann feiern wir heute nicht nur ein Gebet aus der Vergangenheit. Dann feiern wir eine Verheißung: Dass Gottes Liebe uns trägt. Und dass unsere Gemeinde, alt und jung, mit allen Heiligen begreifen kann, wie groß diese Liebe ist.

9. Schluss – Ein Gebet, das bleibt

Vielleicht betest du heute still. Vielleicht laut. Vielleicht gar nicht.

Aber vielleicht lässt du heute Paulus für dich beten:

„Darum beuge ich meine Knie vor dem Vater… dass er euch Kraft gebe durch seinen Geist am inneren Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr begreift, wie groß seine Liebe ist.“

Amen.

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